Vertrauensvolle Beziehungen und faire Behandlung motivieren Mitarbeitende.
Stuttgart 18.11.2016 „Was sind zeitgemäße Spielregeln und Werte im Arbeitsleben?“, mit dieser Fragestellung setzten sich rund 70 Teilnehmende des 5. Denkateliers am 18. November 2016 in der BW Bank in Stuttgart, auseinander. Interessierte aus unterschiedlichen Sektoren diskutierten gemeinsam, wie die Motivation der Mitarbeitenden im Arbeitsalltag gestärkt wird und erhalten bleibt. Im Denkatelier greifen die beiden Veranstalterinnen, Elisabeth Michel-Alder (Human Potential Development, Zürich) und Gabriele Bartsch (Agentur mehrwert gGmbH) einmal im Jahr brandaktuelle Themen auf, die aber häufig zu kurz kommen.
Hansjörg Siegenthaler, emeritierter Professor für Wirtschaftsgeschichte und ökonomische Theorie an der Universität Zürich, eröffnete die Veranstaltung, mit einer kurzen Darstellung des Paradigmenwechsels, der sich aktuell in den Wirtschaftswissenschaften vollzieht. Demzufolge verändere sich das Menschenbild aufgrund neuester Erkenntnisse aus der Verhaltensökonomie. Man sei davon abgekommen, den Menschen als homo oeconomicus, sprich Nutzenmaximierer, zu betrachten, stattdessen nehme man den Menschen zunehmend in seinen sozialen Beziehungen wahr.
Als prominenter Vertreter dieser Forschungsrichtung referierte der renommierte Bonner Ökonom, Prof. Dr. Armin Falk, über seine jüngsten Forschungsergebnisse. Die Ergebnisse seiner umfangreichen entwicklungspsychologisch angelegten Studien geben dem Paradigmenwechsel Aufwind: Anhand zahlreicher Praxisbeispiele veranschaulichte der erfolgreiche Universitätsdozent seine Forschungsergebnisse und verstand es dabei seine Zuhörer mit seiner Energie anzustecken und für seine Inhalte zu begeistern. Eine der wichtigsten Erkenntnisse seiner Arbeit ist, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor allem durch eine vertrauensvolle Beziehung zum Vorgesetzten und eine faire Behandlung motiviert werden. So haben die von ihm durchgeführten Studien gezeigt, dass Arbeitnehmende, die mit ihrer Entlohnung unzufrieden sind, häufiger unter Herz-Kreislauf Krankheiten leiden, als jene die sich fair behandelt fühlten. Unter den Begriff „Lohn“ dürfe man dabei nicht nur die finanzielle Entlohnung fassen, da gehöre weit mehr dazu. Elisabeth Michel-Alder ergänzte dazu in ihrem Vortrag, dass Arbeitnehmende an ihrem Arbeitsplatz vor allem interessante Aufgaben und ein kooperatives Kollegium wertschätzen. Wichtig sei zudem die Anerkennung durch Vorgesetzte und eine persönliche Entwicklungsperspektive in der Organisation.
Bestätigt wurde dies durch den Vortrag von Dr. Marc Holitscher, Chief Technology Officer bei Microsoft Schweiz. Er berichtete, wie es dem Unternehmen erfolgreich gelungen ist, einen Kulturwandel zu vollziehen. Initialzündung hierfür bildete die Einstellung des neuen CEO, Satya Natella. Zu den Unternehmenszielen gehöre seither nicht nur eine zweistellige Wachstumsrate, sondern auch ein übergeordneter „sense of purpose“ und das Bestreben jeden Mitarbeitenden optimal zu fördern. Seit dem sei bei Microsoft viel passiert. Der Belegschaft werde mehr Freiraum zugestanden, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können. Im Ergebnis sei so eine neue, positive Identifikation mit dem Unternehmen bei den Belegschaftsangehörigen entstanden und die Diversität habe sich aufgrund neuer Arbeitsformen verstärkt. „Ich selbst merke, dass meine Lebensqualität durch die Möglichkeit, Home Office Tage einzulegen, gestiegen ist“, berichtet Holitscher, „jetzt kann ich meine Tochter an einem Donnerstagnachmittag vom Ballett abholen.“ Möglich sei diese Veränderung aufgrund der zunehmenden Digitalisierung von Arbeitsabläufen.
Das Veranstaltungsformat, bei dem stets die Verbindung von Theorie und Praxis angestrebt wird, trifft bei den Zuhörern auf breite Zustimmung. „Die Mischung aus Wissenschaft und Praxis ist genau richtig“, urteilt ein Teilnehmer aus dem Kirchenmilieu. Christine Dörner von der Führungsakademie Baden-Württemberg bestätigt ebenfalls, dass ihr die Bandbreite an Perspektiven neue Impulse gegeben und sich die Teilnahme für sie gelohnt habe“, so ihre Bilanz. Wichtigstes Ziel der Veranstaltung, Raum dafür zu schaffen, sich mit veränderten Arbeitsformen und den damit einhergehenden Spielregeln und Werten im Arbeitsleben, auseinander zu setzen, sei erreicht worden, zieht Gabriele Bartsch am Ende des Tages zufrieden ihr Fazit. So hatten alle Gäste der Veranstaltung Gelegenheit, sich in der zweiten Tageshälfte über eigene Erfahrungen und Ideen zum Thema in Kleingruppen auszutauschen.
Den kreativen Abschluss gestaltete die Künstlerin Dorsi Doii Germann mit der Präsentation zahlreicher Skizzen im Graphic Recording Design, die sie im Laufe des Tages angefertigt hatte. Der professionellen Cartoonistin gelang es, die Äußerungen im Plenum mit Witz auf den Punkt zu bringen. Insgesamt sei es ein spannender Tag gewesen, an dem man sich auch mal wieder geistig auf einer anderen Ebene hat bewegen können, so das Feedback einer Teilnehmerin. Die Vorträge der Referierenden sind in Kürze auf der Website der Agentur Mehrwert unter http://www.agentur-mehrwert.de nachzulesen.
Hintergrund
mehrwert ist eine gemeinnützige Agentur für Soziales Lernen mit Sitz in Stuttgart. Die Agentur entwickelt und realisiert nachhaltige Lernkonzepte zur Förderung personaler und sozialer Kompetenzen. Gleichzeitig berät und coacht mehrwert Schulen und Hochschulen bei der Einführung sozialer Lernprogramme sowie Unternehmen, die sich als »guter Bürger« gesellschaftlich engagieren wollen. Seit Gründung der Agentur im April 2000 haben wir mehr als 17.000 Menschen in der Entwicklung ihrer personalen und sozialen Kompetenzen unterstützt und begleitet.